Europa für Beschäftigte
Eindeutige Vorteile
Die Europäische Union hat Beschäftigten bereits viel gebracht: ein Ende der Diskriminierung am Arbeitsplatz, Freizügigkeit, Gesundheitsschutz. Nun ist es Zeit für Lohngerechtigkeit, einen gemeinsamen Mindestlohn und soziale Reformen.
Von Enrico Bloch
Gerade als Arbeitnehmer*in in Deutschland stellen wir uns oft die Frage: Was hat mir die EU bist heute gebracht? Die Antwort lautet: viel.
In der europäischen Union teilen die Mitgliedsländer die gleichen Grundwerte. Dazu gehören: Die Würde des Menschen sowie Freiheit, Demokratie, Gleichstellung, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte.
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie ist zu achten und schützen. Sie bildet das Fundament der Grundrechte. Die Diskriminierung am Arbeitsplatz wegen Geschlecht, Alter, Religionszugehörigkeit, Behinderung oder Sexualität stellen große Probleme da, die jedoch durch europäische Rechtsprechung gelöst wurden.
Die Freiheit, uneingeschränkt innerhalb der EU reisen zu können ist ein weiterer Wert, den die Völkergemeinschaft erarbeitet hat. Du kannst dank Arbeitnehmerfreizügigkeit in jedem EU-Staat eine Beschäftigung aufnehmen und diese ausüben, wie ein/e Arbeitnehmer*in des jeweiligen Landes. Berufsabschlüsse werden teilweise online ohne Behördengänge anerkannt. Nachprüfungen und andere Qualifikationen sind dann nicht mehr erforderlich.
Dank der Demokratie können in Unternehmen mit mindestens zwei Niederlassungen in EU-Staaten europäische Betriebsräte gebildet werden. Durch Vernetzung auf europäischer Ebene ist eine gute Zusammenarbeit möglich.
So werden Beitragszeiten aus anderen EU-Staaten angerechnet. Wer 45 Beitragsjahre mit 63 Jahren erreicht hat, kann weiterhin in Deutschland in Rente gehen. Die Wochenarbeitszeit ist innerhalb der EU begrenzt. Es gibt Anspruch auf bezahlten Urlaub und Ruhezeiten.
Die Rechtsstaatlichkeit garantiert, dass im Fall einer Insolvenz diese in dem Land durchgeführt werden muss, wo sie auch entstanden ist. Auch können keine Kartelle und Monopole innerhalb der EU gebildet werden. Wettbewerbsverzerrung durch staatliche Subventionen ist verboten.
Natürlich ist Europa nicht perfekt. Eine riesige Bürokratie und irritierende politische Entscheidungen sorgen gerne schnell für Kopfschütteln in der Bevölkerung. Politische Entscheidungen des Europaparlaments müssen dringend transparenter und nachvollziehbarer dargestellt werden, außerdem sollte ein stärkerer Fokus auf regionale Besonderheiten bei der Gesetzgebung berücksichtigt werden.
Doch darf man sich – bei aller gerechtfertigter Kritik – den eindeutigen Vorteilen Europas, seiner Idee und seinen Werten nicht verschließen. So sind viele politische Entscheidungen zu unserem Vorteil für uns doch längst zur Selbstverständlichkeit geworden und gehören zu unserem Alltag. Ein Europa, welches wieder in Nationalstaatlichkeit zurückfällt, wäre ein Rückschritt mit unabsehbaren Folgen. Wie sich ein solcher Rückschritt gestalten kann, sieht man aktuell am Beispiel Großbritanniens. Der hilflose Umgang dort mit dem Brexit zeigt, wie schwierig, belastend und für alle Bürger von Nachteil es ist, eine gewachsene Völkergemeinschaft erneut künstlich auseinanderzureißen.
Bisher lag und liegt das Hauptaugenmerk der EU auf der Förderung der Wirtschaft. Jetzt wird es Zeit, sich vermehrt den Beschäftigten zuzuwenden und auch für diese tiefgreifende Verbesserungen durchzusetzen. Ein europäischer Mindestlohn, die Vereinheitlichung von Steuer- und Sozialsystem – das sind die Herausforderungen, denen sich die EU nun stellen muss. Nicht zuletzt geht es um die Frage, wie sich die Zukunft der gegenwärtig 500 Millionen Menschen in der EU so gestalten lässt, dass langfristig Lohnungerechtigkeit in allen Mitgliedstaaten abgebaut wird, wirtschaftlich starke Regionen nicht gegen- sondern miteinander arbeiten und ein starker europäischer Arbeitnehmer*innenschutz dabei gewährleistet ist. Nur gemeinsam kann sich so die EU den Herausforderungen der Zukunft entgegenstellen.